WAHLERGEBNISSE ZUR DEUTSCHEN NATIONALVERSAMMLUNG IN DER PROVINZ BRANDENBURG
Am 19. Januar 1919 fand die Wahl zur Deutschen Nationalversammlung statt. Es war die erste Wahl, bei der auch Frauen ein Wahlrecht hatten. Die SPD ging auf Reichsebene als stärkste Kraft mit 37,9% hervor, verfehlte aber die absolute Mehrheit und bildete eine Koalition mit der Zentrumspartei und der Deutschen Demokratischen Partei (DDP).
Der sich mehrheitlich aus Sozialdemokraten zusammensetzende Rat der Volksbeauftragten, der vom 10. November 1918 bis zum 13. Februar 1919 die provisorische Regierung stellte, konnte eine Reihe von Erfolgen vorweisen, die nun am 19. Januar 1919, der ersten Wahl nach dem Ende des Kaiserreichs belohnt wurden: der gesetzliche Achtstundentag, das Streik- und Tarifrecht mit Anerkennung der Gewerkschaften, die Einführung der Arbeitslosenunterstützung und das Frauenstimm-recht.
In Brandenburg hatte die SPD bei dieser Wahl vor allem in Frankfurt/Oder überdurchschnittliche Gewinne zu verbuchen (52,5%). In Potsdam lag die SPD - wie auch in anderen Wahlbezirken - hinter der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD) zurück, die sich 1917 von der "Mutterpartei" abgespalten hatte.
Insgesamt lag die SPD durch die Einbeziehung von späteren Berliner Stadtteilen und dem Umland aber mit teilweise über 50% der Stimmen in Brandenburg weit vor den anderen Parteien.
Die gewählte Nationalversammlung tagte wegen der Unruhen in Berlin ab Februar in Weimar und legte hier mit der Wahl Friedrich Eberts zum Reichspräsidenten am 11. Februar und der Annahme der „Weimarer Reichsverfassung“ am 11. August die Grundlagen für die neue, die „Weimarer Republik“.
Weitere Informationen finden sich in der Broschüre:
"Geschichte in Geschichten. 130 Jahre Sozialdemokratie in Brandenburg1868 - 1998"
von Heiko Tammena, herausgegeben vom SPD-Landesverband Brandenburg, Potsdam 1998.
Zwei Tage nach der Eröffnung des Reichstages am 21.3.1933, welche nach dem Reichstagsbrand in die Potsdamer Garnisonskirche verlegt wurde, inszenierte Joseph Goebbels, Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda, in der Berliner Kroll-Oper die Verabschiedung des "Gesetzes zur Behebung der Not von Volk und Reich". Mit dem „Ermächtigungsgesetz" übertrug das Parlament der Regierung außergewöhnliche Vollmachten. Nun konnten Gesetze ohne Beteiligung des Reichstags von der Regierung beschlossen werden.
Im Vorfeld kam es zu Verhaftungen von Abgeordneten, um die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit herzustellen. Die Mandate der KPD wurden für ungültig erklärt, 27 Sozialdemokraten und 81 Kommunisten waren in Haft oder bereits im Exil. Als einzige Partei stimmten die 93 noch anwesenden Sozialdemokraten geschlossen gegen das Gesetz. Der Brandenburger Abgeordnete und Fraktionsvorsitzende der SPD Otto Wels (1873-1939) begründete die Ablehnung in seiner Rede folgendermaßen:
"Niemals, seit es einen Deutschen Reichstag gibt, ist die Kontrolle der öffentlichen Angelegenheiten durch die gewählten Vertreter des Volkes in solchem Maße ausgeschaltet worden, wie das jetzt geschieht, und wie das durch das neue Ermächtigungsgesetz noch mehr geschehen soll. [...]
Die Herren von der nationalsozialistischen Partei nennen die von ihnen entfesselte Bewegung eine nationale Revolution, nicht eine nationalsozialistische. Das Verhältnis ihrer Revolution zum Sozialismus beschränkt sich bisher auf den Versuch, die sozialdemokratische Bewegung zu vernichten, die seit mehr als zwei Menschenaltern die Trägerin sozialistischen Gedankengutes gewesen ist und auch bleiben wird. [...] Wir deutschen Sozialdemokraten bekennen uns in dieser geschichtlichen Stunde feierlich zu den Grundsätzen der Menschlichkeit und der Gerechtigkeit, der Freiheit und des Sozialismus. Kein Ermächtigungsgesetz gibt Ihnen die Macht, Ideen, die ewig und unzerstörbar sind, zu vernichten."
Bild: Otto Wels am Rednerpult 1932
AdsD Friedrich-Ebert-Stiftung
Aber Otto Wels war nicht der einzige sozialdemokratische Abgeordnete, der sich der nationalsozialistischen Diktatur in jenen Tagen des Jahres 1933 entgegen stellte. Im preußischen Landtag war es Paul Szillat, Oberbürgermeister der Stadt Brandenburg/Havel, der trotz des bereits einsetzenden Terrors in einer letzten Rede am 18. Mai 1933 zum Widerstand gegen das Ermächtigungsgesetz aufrief.
Weitere Informationen:
Tammena, Heiko: Geschichte in Geschichten. 130 Jahre Sozialdemokratie in Brandenburg1868 - 1998, herausgegeben vom SPD-Landesverband Brandenburg, Potsdam 1998.
Gerhart Binder, Epoche der Entscheidungen, Seewald Verlag, Stuttgart 1969, S. 281ff.
Die vollständige Rede von Otto Wels findet man als Audiodatei unter: https://www.spd.de/partei/personen/otto-wels/.
Am 7. April 1946 erfolgte in Potsdam die "Vereinigung" der Brandenburger SPD und KPD zur SED. Die Veranstaltung fand im alten „Gesellschaftshaus“ in der Zimmerstraße 10 statt. Noch heute erinnert eine Tafel, die bereits in der DDR angebracht wurde, an dieses Datum.
Am 20. und 21. Dezember 1945 hatte eine erste gemeinsame Konferenz (die sogenannte 60er-Konferenz) aus SPD- und KPD-Funktionären zur Beratung einer möglichen Vereinigung stattgefunden. Ähnliche Treffen fanden danach auch auf regionaler Ebene statt. Aus Rüdersdorf, Senftenberg, der Stadt Brandenburg, Cottbus und Wittenberg/Westprignitz, Niederbarnim und der Stadt Guben gab es Zustimmung. Doch gerade im Umfeld Berlins traf der Plan teilweise auf heftigen Widerstand - so in Stahnsdorf, in Potsdam, Woltersdorf, aber auch in Belzig, Oranienburg und Zehdenick. Diejenigen, die eine Einheit befürworteten wurden von der Sowjetischen Militäradministration (SMAD) unterstützt, Gegner der Einheit wurden teilweise Repressionen ausgesetzt, die bis zur Inhaftierung u.a. im Speziallager Sachsenhausen reichten.
Am 26. Februar 1946 tagte eine zweite "60er-Konferenz", auf der die Ziele, die Grundsätze und das Statut der neuzugründenden Sozialistischen Einheitspartei (SED) unter Berücksichtigung der Vorbehalte diskutiert wurden. Viele SPD-Funktionäre waren trotz der Bedenken zum Zusammenschluss bereit. Man setzte auf die vereinbarte Parität von ehemaligen KPD- und SPD-Mitgliedern im SED-Statut und auf die im neuen Programm verankerten Bekenntnisse zum Sozialismus „auf dem Boden der demokratischen Republik“ - eine Formulierung, die dem Entwurf der SPD entsprach.
Die Brandenburger Delegierten trafen sich am 6.4.1946 zu einem letzten SPD-Provinz-Parteitag zusammen, auf welchem die nunmehr feststehende Vereinigung mit der KPD bestätigt wurde. Als gleichberechtigte Vorsitzende der SED des Landesverbandes Brandenburg wurden für die SPD Friedrich Ebert jun., der Sohn des ersten Reichspräsidenten, und für die KPD Willy Sägebrecht gewählt. Im paritätisch besetzten Sekretariat des Landesvorstands saßen je sechs SPD- und KPD-Mitglieder. Zum engeren Vorstand gehörten neben Ebert aus den Reihen der SPD Max Homa, Karl Gadow, Else Bauer, Emmi Pilz und Richard Küter.
Weitere Informationen:
"Geschichte in Geschichten" von Heiko Tammena, herausgegeben vom SPD-Landesverband Brandenburg, Potsdam 2000 und "Vereinigung von KPD und SPD in der Provinz Brandenburg 1946" von Werner Bethge, Kurt Finker, Kurt Libera, herausgegeben vom PDS-Landesvorstand, 1996.
Aus: Anja Kruke/Meik Woyke (Hg.),Deutsche Sozialdemokratie in Bewegung, Bonn 2012 (Dietz), 244-249 (hier ohne Dokumente) Download
"Im Februar 1989 war ich von meinem Kollegen Martin Hofmeister in sein Büro, zu ei-ner konspirativen Diskussionsrunde mit Eckhardt Barthel und weiteren Schöneberger SPD-Leuten eingeladen..." Link
"Die Partei führt den Namen Sozialdemokratische Partei in der DDR (SDP). Ihr Tätigkeitsbereich erstreckt sich auf das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik" Link
MANFRED STOLPE WIRD MIT DER LEITUNG DES "FORUMS OSTDEUTSCHLAND" BEAUFTRAGT
Am 10.2.1996 beschloss der SPD-Parteivorstand, das "Forum Ostdeutschland der Sozialdemokratie e.V." zu gründen, das noch heute, 24 Jahre später, aktiv ist.
Ziel des Forums Ostdeutschland war es, zum gegenseitigen Verstehen zwischen Ost und West beizutragen und die Umbruchprozesse der 1990er Jahre zu begleiten. Dabei ging es vor allem darum, die Erfahrungen und Interessen der Ostdeutschen sichtbar zu machen und Anerkennung zu verschaffen.
Manfred Stolpe (1936-2020) wurde die Leitung des Forums übertragen. Seine Stellvertreter waren Christine Bergmann (zu dieser Zeit Berliner Senatorin) und - um die gesamtdeutsche Bedeutung des Forums zu betonen - Henning Voscherau (damals Bürgermeister in Hamburg). Ein Beirat bekannter Persönlichkeiten aus Politik und Wissenschaft begleitete das Vorhaben.
Eine ihrer Tagungen veranstaltete das Forum am 12.4.1996 in Cottbus und damit erstmals im Land Brandenburg. Unter dem Titel "Im Osten was Neues" wurde über "Innovationspotentiale" in der ostdeutschen Wirtschaft gesprochen. Zahlreiche Unternehmen stellten sich und ihre zukunftsfähigen Produkte in der Galerie des
Cottbuser Messezentrums vor.
Auch die Technische Universität (BTU) Cottbus stellte sich als junge, flexible Einrichtung der Qualifizierung und Forschung dar.
Eine zweite Tagung auf Brandenburger Boden wurde am 19.6.1999 in Strausberg abgehalten und nahm sich eines nicht minder wichtigen Themas an: "Der Jugend eine Zukunft - für neue Perspektiven junger Menschen auf dem Arbeitsmarkt".
Auch in Zukunft soll das "Forum Ostdeutschland" sein von Stolpe geprägtes Profil beibehalten und ein offener Raum für wichtige Diskussionen und Kontakte bleiben.
Weitere Informationen finden sich in der Broschüre:
"Geschichte in Geschichten" von Heiko Tammena, herausgegeben vom SPD-Landesverband Brandenburg, Potsdam 2000